Das Problem mit der modernen Geschäftswelt
Wir haben vergessen, dass Unternehmen keine abstrakten Einheiten sind. Hinter jeder Firma stehen Menschen. Menschen mit Träumen, Sorgen, Ambitionen und schlechten Tagen. Menschen, die morgens Kaffee trinken, sich über den Verkehr ärgern und abends zu ihren Familien nach Hause kommen.
Aber in unseren CRM-Systemen sind sie zu Datensätzen geworden. „Geschäftsführer, Maschinenbau, 50 Mitarbeiter, Budget unbekannt.“ Fertig. Als wäre das alles, was es über einen Menschen zu wissen gibt.
Diese Reduktion auf Geschäftsdaten ist nicht nur oberflächlich – sie ist geschäftsschädigend. Denn Menschen kaufen von Menschen. Und Menschen kaufen von Menschen, die sie als Personen wahrnehmen, nicht als Funktionstitel.
Was Martin Buber über Geschäftsbeziehungen wusste
Der Philosoph Martin Buber unterschied zwischen zwei grundlegenden Beziehungsarten: der „Ich-Es“-Beziehung und der „Ich-Du“-Beziehung.
In einer „Ich-Es“-Beziehung behandelt man sein Gegenüber als Objekt, als Mittel zum Zweck. Der andere ist da, um eine Funktion zu erfüllen. Im Verkauf wäre das: „Dieser Geschäftsführer ist da, um mein Produkt zu kaufen. Er ist mein Q4-Ziel, meine Provision, mein Erfolg.“
In einer „Ich-Du“-Beziehung begegnet man dem anderen als vollständigen Menschen. Man sieht ihn mit seinen Herausforderungen, Zielen und seiner individuellen Situation. Man interessiert sich für ihn als Person, nicht nur als potenzielle Geschäftschance.
Buber würde heute wahrscheinlich sagen: Die meisten CRM-Systeme sind „Ich-Es“-Maschinen. Sie reduzieren Menschen auf ihre kommerzielle Verwertbarkeit. Dadurch schaffen sie Distanz statt Verbindung.
Die Lösung liegt darin, dein CRM zu einem „Ich-Du“-System zu machen. Einem System, das dir hilft, die Menschen hinter den Unternehmen zu sehen und echte Beziehungen aufzubauen.
Warum wir Menschen wie Unternehmen behandeln
Schau dir dein CRM an. Was steht da über deine wichtigsten Kontakte? Wahrscheinlich Name, Position, Unternehmensdaten und vielleicht ein paar Gesprächsnotizen. Aber kennst du diese Menschen wirklich?
Weißt du, was sie nachts wachhält? Welche Visionen sie für ihr Unternehmen haben? Welche Herausforderungen sie persönlich meistern müssen? Womit sie kämpfen, worauf sie stolz sind, was sie antreibt?
Die meisten Verkäufer können diese Fragen nicht beantworten. Sie kennen Umsatzzahlen, Mitarbeiterzahlen und Branchendaten. Aber sie kennen die Menschen nicht, mit denen sie Geschäfte machen wollen.
Das ist, als würdest du versuchen, Freundschaften zu schließen, indem du nur die beruflichen Qualifikationen deiner Gesprächspartner betrachtest. Absurd, oder? Aber genau das machen wir im Business täglich.
Die Folge: Unsere „Geschäftsbeziehungen“ bleiben oberflächlich. Transaktional. Austauschbar. Sobald ein Konkurrent ein besseres Angebot macht oder die Preise drückt, sind wir raus. Weil wir keine echte Beziehung aufgebaut haben, sondern nur eine Geschäftsverbindung.
Die Anatomie einer echten Geschäftsbeziehung
Echte Geschäftsbeziehungen beginnen mit echtem Interesse am Menschen. Das bedeutet nicht, dass du die Privatadresse deines Geschäftspartners wissen musst oder zum Familiengrillabend eingeladen wirst. Es bedeutet, dass du ihn als vollständigen Menschen wahrnimmst.
Ein echter Geschäftspartner ist jemand, der eine Geschichte hat. Der irgendwo herkommt, irgendwo hinwill. Der Erfahrungen gemacht hat, die ihn geprägt haben. Der bestimmte Werte vertritt und andere ablehnt. Der einen persönlichen Stil hat, bestimmte Vorlieben und Eigenarten.
In deinem CRM sollte daher nicht nur stehen „Geschäftsführer seit 2018“, sondern „Hat das Unternehmen von seinem Vater übernommen und kämpft damit, es zu modernisieren, ohne die Tradition zu verlieren. Sehr detailorientiert, braucht Zeit für Entscheidungen. Stolz auf die Mitarbeiterloyalität. Sorgt sich um die Digitalisierung.“
Das ist der Unterschied zwischen einem Datensatz und einem Menschen. Zwischen einer Verkaufschance und einer Geschäftsbeziehung.
Wie du Menschen statt Funktionen sehen lernst
Der erste Schritt ist, deine Gesprächsführung zu ändern. Statt nur über Geschäftliches zu sprechen, interessierst du dich für den Menschen dahinter. Nicht indiskret oder privat, sondern menschlich.
Frag nicht nur „Wie läuft das Geschäft?“, sondern „Was beschäftigt dich momentan am meisten?“ Nicht nur „Welche Herausforderungen hat deine Branche?“, sondern „Was war für dich persönlich die größte Veränderung in den letzten Jahren?“
Hör zu, wenn jemand von seinem Werdegang erzählt. Merk dir, wenn er erwähnt, dass er früher in einer anderen Branche war. Notier dir, wenn er von einem besonderen Projekt schwärmt oder sich über eine Regulierung ärgert.
Diese Informationen sind Gold wert. Nicht, weil du sie für Verkaufstricks nutzen kannst, sondern weil sie dir helfen, den Menschen zu verstehen. Seine Motivation, seine Sorgen, seine Ziele.
Wenn du das nächste Mal mit ihm sprichst, kannst du darauf eingehen. „Wie ist eigentlich das Digitalisierungsprojekt gelaufen, von dem du erzählt hast?“ Plötzlich bist du kein Fremder mehr, der anruft. Du bist jemand, der zuhört und sich erinnert.
Was gehört wirklich in ein menschliches CRM?
Natürlich brauchst du die Geschäftsdaten. Aber ein CRM, das echte Beziehungen unterstützen soll, braucht mehr. Es braucht den Menschen.
Notier dir den beruflichen Werdegang, soweit relevant. Nicht, um ihn zu analysieren, sondern um ihn zu verstehen. Jemand, der 20 Jahre in einem Konzern war und dann ein Familienunternehmen übernommen hat, tickt anders als jemand, der schon immer Unternehmer war.
Halt persönliche Motivationen fest. Was treibt diese Person an? Will sie das Unternehmen vergrößern oder die Qualität verbessern? Liegt ihr die Mitarbeiterzufriedenheit am Herzen oder die Gewinnmaximierung? Beide Ziele sind legitim, aber sie führen zu unterschiedlichen Entscheidungen.
Merk dir Kommunikationspräferenzen. Manche Menschen denken laut und entwickeln Ideen im Gespräch. Andere brauchen Zeit zum Nachdenken und melden sich später. Manche lieben Details, andere wollen nur die großen Linien. Wenn du das weißt, kannst du entsprechend kommunizieren.
Dokumentier auch Werte und Überzeugungen, die im Gespräch deutlich werden. Jemand, der immer wieder von Nachhaltigkeit spricht, hat andere Prioritäten als jemand, der nur über Effizienz redet. Diese Unterschiede zu kennen, hilft dir, relevante Themen anzusprechen.
CRM-Software Vergleich: Welches System unterstützt menschliche Beziehungen?
Für Einzelunternehmer und kleine Teams (1-5 Personen)
• HubSpot CRM (Free) – Kostenlos für bis zu 1 Million Kontakte, einfache Bedienung, gute E-Mail-Integration, begrenzte Automatisierung • Pipedrive – Ab 14,90€/Monat, übersichtliche Pipeline-Ansicht, hervorragende Mobile App, schwächere Marketing-Features • Notion – Sehr günstig, komplett anpassbar, steile Lernkurve, erfordert eigene Datenbank-Struktur
Für mittlere Unternehmen (10-50 Personen)
• HubSpot Professional – Ab 45€/Monat, umfassende Marketing-Automation, detailliertes Reporting, viele Integrationen • Salesforce – Ab 25€/Monat (Essentials), extrem anpassbar, riesige App-Landschaft, steile Lernkurve • Monday.com – Ab 8€/Monat, kombiniert Projektmanagement + CRM, sehr flexibel, weniger verkaufsspezialisiert
Für große Unternehmen (50+ Personen)
• Salesforce Enterprise – Ab 150€/Monat, maximale Anpassbarkeit, komplexe Workflows möglich, hohe Implementierungskosten • Microsoft Dynamics 365 – Teil der Office-Suite, gute Integration, starke Business Intelligence, Microsoft-Ökosystem erforderlich • SAP Sales Cloud – Enterprise-Level, sehr mächtig, sehr komplex, hohe Kosten
Die Kunst der menschlichen Kontaktpflege: Wie bei einem guten Freund
Echte Kontaktpflege ist keine Verkaufstechnik. Es ist Beziehungsarbeit. Genau wie bei einer Freundschaft. Denk mal daran, wie du mit deinen Freunden in Kontakt bleibst: Du rufst zum Geburtstag an. Du schickst zwischendurch eine Nachricht: „Hey, wie läuft’s denn so?“ Du denkst an sie, wenn du etwas Interessantes siehst, das zu ihnen passt.
Warum sollte das bei Geschäftskontakten anders sein?
Die meisten Verkäufer melden sich nur, wenn sie etwas wollen. Ein Angebot, einen Termin, eine Entscheidung. Das ist, als würdest du Freunde nur kontaktieren, wenn du einen Gefallen brauchst. Solche „Freundschaften“ halten nicht lange.
Echte Geschäftsbeziehungen entstehen wie echte Freundschaften: durch regelmäßigen, ehrlichen Kontakt ohne Hintergedanken. Du schreibst zum Geburtstag oder Firmenjubiläum. Du fragst einfach mal nach, wie es läuft. Du teilst Dinge, die den anderen interessieren könnten. Nicht um zu verkaufen, sondern weil du an ihn denkst.
Wenn du eine interessante Entwicklung in seiner Branche siehst, denkst du an ihn. Nicht weil du verkaufen willst, sondern weil du weißt, dass es ihn interessieren könnte. Wenn du einen Artikel liest, der zu seiner Situation passt, schickst du ihn ihm. Mit einer Nachricht wie: „Musste an unser letztes Gespräch denken. Vielleicht interessant für dich.“
Diese Art der Kontaktpflege funktioniert, weil sie echt ist. Menschen spüren den Unterschied zwischen „Der will mir was verkaufen“ und „Der denkt an mich“. Der erste Eindruck führt zu Abwehr, der zweite zu Verbindung.
Manchmal meldest du dich einfach so. Eine kurze E-Mail: „Hallo Herr Müller, ich war gerade in der Gegend und musste an unser Gespräch über die Digitalisierung denken. Wie ist das Projekt denn gelaufen?“ Keine Verkaufsabsicht. Echtes Interesse.
Das ist der Unterschied zwischen Verkäufern und Geschäftspartnern. Verkäufer melden sich, wenn sie etwas brauchen. Geschäftspartner melden sich, weil ihnen der andere wichtig ist.
Natürlich musst du systematisch vorgehen. Aber die Systematik sollte dir helfen, menschlich zu bleiben, nicht maschinell zu werden. Setz dir Erinnerungen für Geburtstage, wichtige Termine, interessante Anlässe. Aber nutz sie, um echte Gespräche zu führen, nicht um Verkaufsscripts abzuspulen.
Warum Authentizität im CRM-Zeitalter überlebenswichtig ist
In einer Welt voller automatisierter E-Mails und KI-generierter Nachrichten wird Authentizität zur Superkraft. Menschen sehnen sich nach echten Verbindungen. Nach Gesprächen, die sich nicht wie Verkaufspräsentationen anfühlen.
Wenn du der Eine bist, der sich wirklich für sie interessiert, fällst du auf. Positiv. Du wirst nicht mehr als Verkäufer wahrgenommen, sondern als Geschäftspartner. Als jemand, der sie versteht und mit dem es sich lohnt, Geschäfte zu machen.
Das bedeutet nicht, dass du keine Ziele haben darfst oder nicht verkaufen willst. Aber es bedeutet, dass deine Ziele nicht die Beziehung dominieren sollten. Der Verkauf entsteht aus der Beziehung, nicht umgekehrt.
Der lange Weg lohnt sich
Echte Geschäftsbeziehungen brauchen Zeit. Monate, manchmal Jahre. Das ist in einer Welt der Quartalsziele und schnellen Erfolge nicht einfach zu akzeptieren. Aber es ist der einzige Weg zu nachhaltigen, profitablen Geschäftsbeziehungen.
Menschen, die dich als Mensch schätzen, werden dich nicht wegen eines günstigeren Angebots fallen lassen. Sie werden dich weiterempfehlen. Sie werden mit dir auch über andere Themen sprechen und dadurch neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen.
Du wirst Teil ihres Netzwerks, nicht nur ihr Lieferant. Und wenn sie das Unternehmen wechseln, nehmen sie dich mit. Denn die Beziehung ist zu ihnen als Person, nicht zu ihrer aktuellen Firma.
Was du ab morgen anders machen kannst
Schau dir deine wichtigsten zehn Kontakte an. Was weißt du über sie als Menschen? Nicht als Funktionsträger, sondern als Personen? Wenn die Antwort „wenig“ ist, hast du deine Hausaufgaben gefunden.
Beim nächsten Gespräch stellst du eine andere Art von Fragen. Nicht nur „Wie läuft das Geschäft?“, sondern „Was hat dich dazu gebracht, in diese Branche zu gehen?“ Nicht nur „Welche Herausforderungen hast du?“, sondern „Was würdest du ändern, wenn du könntest?“
Hör zu. Wirklich zu. Und merk dir, was du hörst. Nicht für Verkaufstricks, sondern um den Menschen zu verstehen.
Dein CRM wird dadurch nicht perfekter. Aber es wird menschlicher. Und in einer Welt voller Algorithmen und Automatisierung ist das der entscheidende Wettbewerbsvorteil.
Menschen wollen mit Menschen Geschäfte machen. Hilf ihnen dabei, den Menschen in dir zu sehen. Dann werden sie dir auch erlauben, den Menschen in ihnen zu sehen.
Und dann entstehen echte Geschäftsbeziehungen. Die Art, die Jahrzehnte halten und beiden Seiten Freude macht.
Denn am Ende kaufen Menschen nicht nur Produkte oder Dienstleistungen. Sie kaufen Beziehungen. Zu Menschen, denen sie vertrauen und die sie als Menschen respektieren.
Werde dieser Mensch. Dein CRM wird dir dabei helfen. Aber nur, wenn du es als Werkzeug für Menschlichkeit nutzt, nicht als Maschine für Verkaufszahlen.